Ein Überblick

Was sind Essstörungen?

Anorexia nervosa

Die Anorexia nervosa, landläufig auch Magersucht genannt, wird durch einen absichtlich selbst herbeigeführten oder aufrechterhaltenen Gewichtsverlust charakterisiert. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zur Unterernährung verschiedenen Schweregrades, was eine Fülle körperlicher Funktionsstörungen auslöst. Die Mortalitätsrate bei PatientInnen mit AN liegt über der von Depression und Schizophrenie und ist die höchste aller psychischen Störungen. 

Der Gewichtsverlust oder die fehlende Gewichtszunahme wird selbst herbeigeführt durch die Vermeidung hochkalorischer Speisen (sowie selbstinduziertem Erbrechen, selbstinduziertem Abführen, übertriebener körperlicher Aktivität oder dem Gebrauch von Appetitzüglern oder Diuretika). Die Selbstwahrnehmung als zu „dick“ ist verbunden mit einer sich aufdrängenden Angst vor einer Gewichtszunahme und dem Wunsch nach einem immer geringeren Gewicht. Damit einhergehend ist häufig eine Störung der Körperwahrnehmung, die Körperschemastörung. 

Die Diagnose der AN kann gestellt werden wenn folgende DSM 5-Kriterien erfüllt sind:

(A) Eingeschränkte Energieaufnahme, welche zu einem signifikant niedrigen Körpergewicht führt (Gewicht, das unterhalb des Minimums des normalen Gewichts oder bei Kindern und Jugendlichen, unterhalb des minimal zu erwartenden Gewichts liegt)

(B) Ausgeprägte Ängste vor einer Gewichtszunahme und davor, dick zu werden oder dauerhaftes Verhalten, welches einer Gewichtszunahme entgegen wirkt, trotz signifikant niedrigen Gewichts

(C) Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur oder des Körpergewichts, übertriebener Einfluss des Körpergewichts oder der Figur auf die Selbstbewertung oder anhaltende fehlende Einsicht in Bezug auf den Schweregrad des gegenwärtig geringen Körpergewichts

Restriktiver Typ: Während der letzten 3 Monate keine wiederkehrenden Essanfälle oder kein „Purging“-Verhalten

Binge-Eating/Purging-Typ: Während der letzten 3 Monate wiederkehrende Essanfälle oder „Purging-Verhalten“

Teilremittiert: Nachdem zuvor alle Kriterien erfüllt waren, wird Kriterium A seit einem längeren Zeitraum nicht erfüllt, während Kriterium B oder C weiterhin erfüllt sind.

Vollremittiert: Nachdem zuvor alle Kriterien erfüllt waren, wird keines der Kriterien seit einem längeren Zeitraum erfüllt

Schweregrad: Für Kinder und Jugendliche sollen die korrespondierenden BMI-Perzentile verwendet werden. Der Schweregrad kann höher angesetzt werden, um das Ausmaß klinischer Symptome, den Grad der funktionellen Beeinträchtigung und die Notwendigkeit von Kontrollen zu verdeutlichen.

– Leicht: BMI ≥ 17 kg/m²

– Mittel: BMI 16–16,99 kg/m²

– Schwer: BMI 15–15,99 kg/m²

– Extrem: BMI < 15 kg/m²

Bulimia nervosa

Die Bulimia nervosa, auch Ess-Brech-Sucht genannt, wird durch wiederholte Anfälle von Heißhunger und damit verbundenen Essanfällen sowie einer übertriebenen Beschäftigung mit der Gewichtskontrolle charakterisiert. Mithilfe verschiedener Maßnahmen versuchen Patienten den dickmachenden Effekt der Nahrung auszugleichen, was zu einer Reihe körperlicher Komplikationen führt.

Die permanente Beschäftigung mit Essen und die auftretenden Essattacken, bei denen innerhalb kurzer Zeit große Mengen an Nahrung verzehrt werden, führen bei Patienten zu gegensteuerndem Verhalten, wie selbstinduziertem Erbrechen, selbstinduziertes Abführen, zeitweiligem Hungern oder den Gebrauch von Appetitzüglern oder Diuretika. Die Selbstwahrnehmung ist zu dick zu sein mit einer krankhaften Angst vor einer Zunahme. 

Für die Diagnose der BN müssen folgende DSM-5-Kriterien erfüllt sein:

Kriterium A: regelmäßig wiederkehrenden Essanfälle mit Verzehr einer allgemein als groß anzusehenden Nahrungsmenge in einem bestimmten Zeitraum, begleitet von einem Gefühl des Kontrollverlustes

Kriterium B:  Um einer drohenden Gewichtszunahme entgegenzusteuern, werden unangemessene kompensatorische Maßnahmen wiederholt eingesetzt. Solche Maßnahmen beinhalten selbstinduziertes Erbrechen, den Missbrauch von, Laxantien, Diuretika oder anderen Medikamenten (Schilddrüsenpräparate, Weglassen von Insulin), Fasten oder übermäßige körperliche Bewegung.

Kriterium C: Für die Diagnose einer BN müssen die Essanfälle im Durchschnitt mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum von drei Monaten vorkommen

Kriterium D: Figur und Körpergewicht haben einen übermäßigen Einfluss auf die Selbstbewertung der Betroffenen

Kriterium E: Die Störung tritt nicht ausschließlich im Rahmen einer AN auf

Binge Eating

Bei der Binge-Eating-Störung, welche durch wiederkehrende Essattacken mit Kontrollverlust beschrieben wird, handelt es sich um eine Form der Essstörung, bei der die Patient*innen, in Abgrenzung zur Bulimie, keine gegensteuernden Maßnahmen ergreifen. 

Es werden unabhängig vom Hungergefühl unverhältnismäßig große Nahrungsmengen in einer kurzen Zeitspanne aufgenommen. Zwischen den Essanfällen beschreiben Menschen mit einer Binge-Eating-Störung ein unregelmäßiges Essverhalten und haben eine gestörte Wahrnehmung bezüglich ihres Hunger- und Sättigungsgefühls. Sie essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl, was mit anschließendem Ekel und Schuldgefühlen einhergeht.

Folgende Kriterien müssen nach DSM-5 erfüllt sein um eine Diagnose stellen zu können:

– Wiederkehrende Essanfälle, begleitet von einem Gefühl des Kontrollverlustes

– Assoziation der Essanfälle mit mindestens drei von fünf Verhaltensmerkmalen (schneller als sonst essen, unangenehmes Völlegefühl, viel essen ohne hungrig zu sein, aus Scham allein essen, Ekel, Schuldgefühle oder Niedergeschlagenheit nach einem Essanfall)

– Leidensdruck wegen der Essanfälle

– Häufigkeit der Essanfälle: mindestens einmal wöchentlich in drei Monaten

– Auf die Essanfälle folgen nicht regelmäßig unangemessene Gegenmaßnahmen und die Essanfälle treten nicht ausschließlich im Kontext einer Bulimie oder Anorexia Nervosa auf

Teilremission vs. Vollremission: Wenn die Anzahl der Essanfälle zu einem früheren Zeitraum dem Diagnosekriterium entsprach (mindestens ein Essanfall pro Woche für drei Monate), zum aktuellen Zeitpunkt aber weniger Essanfälle vorkommen, wird nach DSM-5 von einer teilremittierten Binge Eating Störung gesprochen. Wurden alle Diagnosekriterien zu einem früheren Zeitpunkt erfüllt und sind derzeit nicht mehr gegeben, wird von einer vollremittierten BES gesprochen.

Weitere Essstörungen

Da die Essstörungen-NNB nach DSM-IV so groß und umfangreich war, wurden in den DSM-5-
Kriterien andere näher bezeichnete Fütter- oder Essstörungen knapp definiert. Diese sind

1. Atypische Anorexia Nervosa: sämtliche Kriterien der Anorexie erfüllt, das Körpergewicht liegt aber im oder über dem Normalbereich 

2. Bulimia Nervosa von geringer Häufigkeit und/oder begrenzter Dauer mit seltenerer Symptomatik

3. Binge Eating Störung von geringer Häufigkeit und/oder begrenzter Dauer

4. Purging-Störung: wiederkehrendes Purging-Verhalten, um Gewicht oder Figur zu beeinflussen (z. B. selbst herbeigeführtes Erbrechen, Missbrauch von Laxantien, Diuretika oder anderen Medikamenten) ohne Auftreten von Essanfällen

5. Night-Eating-Syndrome: wiederkehrende Episoden nächtlichen Essens in Form von Essen nach dem Erwachen aus dem Schlaf oder von übermäßiger Nahrungsaufnahme nach dem Abendessen. Die Betroffenen sind sich des Essens bewusst und können sich auch daran erinnern. Das nächtliche Essen kann besser durch externe Einflüsse, z. B. Veränderungen im individuellen Schlaf-Wach-Rhythmus oder regionale soziale Normen erklärt werden.

 

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